Die Lektionen – eine Leseprobe

Nachfolgend finden Sie eine von 67 Lektionen aus dem Herford-Sprachführer „Pömpel, Plüdden, Pingeljachd".

Seuche und Sonne

Vielleicht ist es Ihnen als zugezogenem Neubürger bereits aufgefallen: „Seuche und „Sonne" gehören im Kreis Herford zu den am häufigsten verwendeten Wörtern. Was Sie zunächst überrascht haben wird, schließlich kann man nicht behaupten, dass zwischen Weser und Warmenau häufiger als anderswo die Pest aus- oder die Sonne durchbricht.

Nun, das ganze beruht auf einem sprachlichen Missverständnis, das sich aber schnell auflöst, hört man die Vokabeln „Seuche" und „Sonne" im Zusammenhang eines Satzes. Wie zum Beispiel in diesem Stoßseufzer einer Mutter nach dem Spaghetti-mit-Tomatensoße-Essen auf dem Kindergeburtstag: „Wie seuche kleinen Blagen sonne große Sauerei veranstalten können, iss mir´n Rätsel!"

Die Zigarrenkiste Deutschlands

Zur Vertiefung zitieren wir hier die einige Jahrzehnte zurückliegende Anekdote aus der Tabakstadt Bünde, die bis in die 1960er Jahre hinein als die „Zigarrenkiste Deutschlands" galt. Mehr als 20 tabakverarbeitende Betriebe hatten dort ihren Sitz, ein Großteil der in Deutschland vertriebenen Zigarren stammte aus Bünde. Liebhaber des „braunen Goldes" aus der Elsemetropole selbst kauften ihre Zigarren z.B. im Tabakgeschäft Carl Pollner & Sohn - dort spielt die folgende Unterhaltung.

Konkret handelt es sich um ein Verkaufsgespräch zwischen dem Tabakhändler Pollner und einem seiner kauf- und rauchfreudigsten, aber zugleich auch anspruchsvollsten und damit schwierigsten Kunden, nämlich Heinrich Herkströter (sen.): An jenem Vormittag suchte Herkströter nach einer ganz bestimmten Zigarrenmarke, die er erst kürzlich geraucht hatte, allein der Name mochte ihm nicht mehr einfallen.

"Sonne knickrige waars nich ..."

Pollner holte einen ganzen Stapel Zigarrenkisten aus den Regalen und Schubladen, doch Herkströter erkannte die gesuchte Zigarre nicht wieder: „Nä, sonne knickrige waars nich ... nä, aber sonnen Kawenzmann waars nu auch wieda nich ... mear sonn Mitteldingen, und eher rund ... also nich direkt rund, aber so ähnlich ... nä, sonne auch nich ...".

"... hamse seuche in dunkler?!"

Worauf Pollner ein Dutzend weiterer Zigarren aus seinem Sortiment herbeischaffte - jedoch vergebens. „Nä, das waarn seuche mit sonner Binde drum ... nä, sonne helle nich, das wüsstich ... hamse nich auch seuche in dunkler?"

Inzwischen hatte Pollner bestimmt die dreißigste Zigarrenkiste geöffnet, da geschah das nicht mehr für möglich gehaltene: „Jau, chenau die sind es! Wie heißn die?" - „Das sind kubanische Terraduras." - „Jau, Terradingens! Habb ich´s doch chesacht! Das waanse! Das sindse! Tja also,.... SEUCHE möcht ich auf kein´ Fall nochma ham. Die schmeckten nähmich chanz füachtalich."

Friemeln und wullacken: Zigarrenmacher in Ostwestfalen-Lippe um 1890

Flötepiepen!