Beschreibung
Der Herforder Wiglaf Droste war ein Genie der kurzen Form. Als Autor, Sänger und Vorleser führte er ein wildes Leben auf Lesebühnen, in Zeitungen und im Radio, auf der Suche nach Wahrheit und Liebe. Geboren und aufgewachsen in Ostwestfalen, wollte er Rockmusiker werden und wurde dann »der Kurt Tucholsky unserer Tage« (Willi Winkler).
Wiglaf Droste wurde als Satiriker gefürchtet und gefeiert, doch er nannte sich selbst »einen einfachen Jungen vom Land«. Er wollte sich nie daran gewöhnen, »dass die Welt sich oft weigert, sich mir von ihrer schönsten Seite zu zeigen«.
Meueler hat mit seinen Freunden und Verwandten gesprochen, mit Zeitzeugen und Weggefährten, mit Vincent Klink, mit Bela B, Max Goldt u. a. Es ist eine berührende Geschichte von Mut und Angst und eine Entdeckungsreise in eine untergegangene Welt, als im kulturellen Leben alles möglich schien.
Leseprobe
Wiglaf Horst Wolfgang Droste wurde am 27.6.1961 in Herford geboren, am Siebenschläfertag in Ostwestfalen. Alten Bauernregeln zufolge soll das Wetter dieses Tages das Wetter der nächsten sieben Wochen bestimmen: »Wie’s Wetter am Siebenschläfertag, so der Juli werden
mag.« Der Tag entscheidet über die kommenden Hochs und Tiefs. Die Frage ist immer: Wo ist der Jetstream? Mehr im Norden oder mehr im Süden? Stößt kühlere Luft auf warme Luftmassen, kommen Unwetter zustande – so lässt sich auch das Leben von Wiglaf beschreiben. Dabei wäre er gerne Idylliker geworden, hat er mal geschrieben, denn dann muss man nicht so tun, »als hätte man in Drachenblut gebadet«.
Vom Kampf gegen den Drachen handelt auch das alte angelsächsische Epos »Beowulf« aus dem 8. Jahrhundert. Nach ihm hat der Gymnasiallehrer Otto Droste, Jahrgang 1933, seine drei Söhne benannt: 1959 Beowulf, 1961 Wiglaf und 1964 Finn. Seine Frau Monika, Jahrgang 1940 und Hausfrau, war einverstanden. Otto war der Jetstream im Hause Droste, er verursachte die Hochs und Tiefs in seiner Familie.
Der kleine Wiglaf funktionierte. »Wiglaf arbeitet sehr rege im Unterricht mit. Lesen: sehr gut, Rechnen: gut, Schreiben: gut« stand auf seinem Zeugnis der ersten Klasse 1968 in der Bürgerschule I in Bad Oeynhausen, wo die Drostes bis 1969 wohnten und dann nach Altenhagen umzogen, von der Kleinstadt aufs Dorf. Altenhagen hatte damals 4.000 Einwohner und gehörte zum Amt Heepen,
das 1972 nach Bielefeld eingemeindet wurde, so dass Altenhagen ein Stadtteil von Bielefeld wurde.
Der erwachsene Wiglaf erzählte im Radio von seiner Oma. Ohne sie wüsste er nicht, »dass es diese herrlichen erziehungsfreien Phasen im Leben gibt und wie schön es ist, jetzt nicht mal Bildung auf sich zu häufen oder etwas Sinnvolles zu machen, sondern einfach nur dafür, dass man da ist, geliebt zu werden«. Er nannte sie »Omma«. Sie hieß Liesbeth Kotsch und wurde von Wiglaf zurückgeliebt.
Inhalt
- Vorwort
- Alles ist für immer
- Freude, Angst, Sport und Küsse in der frühen Zeit (1961–1978)
- Unabhängig werden (1979 bis Mitte 1980)
- Der Steppdeckenwolf ruft (Mitte 1980 bis 1984)
- Kucken, wer alles so kuckt (1985)
- Dusty Dorsch in Mexiko (Anfang 1986)
- »Bald haben sie mich« (1986–1987)
- »Pornographie, nee, ehrlich, versteh ich nicht« (1987–1988)
- Einen solitären Block bilden (1988–1989)
- »Wiglaaaaf, mach hin!!!« (1989–1991)
- »Bestrafe mich, Wiglaf!« (1991–1993)
- »Muse feife inne Wind« (Anfang 1994)
- Phrasen und Geschosse (1994–1995)
- Vor Meutenjournalismus wird gewarnt (1996–1997)
- »Sind Soldaten Faxgeräte?« (1998–1999)
- »Harte Scholle nein, zarte Scholle ja« (2000–2003)
- Westfalian Alien (2004–2006)
- Ein Pfeil sein (2007–2008)
- »Kommando Leise Welt« (2009–2013)
- Inseln hinter dem Winde (2014–2019)
- Nachwort von ›Klaus Bittermann: Die Idiotie des Daseins
Pressestimmen
»Wer Christof Meuelers mit kritischer Sympathie geschriebene Biographie Wiglaf Drostes gelesen hat, den befällt umgehend das brennende Bedürfnis, Wiglafs Texte sofort wieder zu lesen, und zwar alle. Mehr kann man nicht verlangen.«
Nikolaus Heidelbach
»Christof Meueler hat nun alles aufgeschrieben, was man von diesem wilden, tragischen Leben wissen darf. Drostes Biografie liest sich spannend, ist wohlformuliert und völlig frei von Voyeurismus. Droste hätte wahrscheinlich nicht soviel Diskretion gewahrt.«
Rolling Stone
»Das ist ja ein echter Pageturner … jedenfalls war das Buch für mich ein Grund, heute morgen im Bett liegen zu bleiben, um es zuende zu lesen. Ein wirklich wunderbares, vielstimmiges Buch für den überwältigenden Wichlaff.«
Ulla Rowohlt
»Ganz im Sinn von Droste kein nettes Lobgelaber, sondern auch die Probleme in den dunklen Ecken ausleuchtend.«
Franz Dobler
»Christof Meueler, der 21 Jahre Droste Redakteur war, lässt nichts aus in seiner Biografie. Es ist, das sei vorweg genommen, eine große Meisterleistung, so ein prallvolles Leben, wie Droste es führte, auf 300 Seiten einzufangen und dabei den ganzen Droste zu erzählen. Meueler hat dafür mit Freunden, Weggefährten und ehemaligen Geliebten gesprochen und er vertraut auf die eigenen Erinnerungen genau wie auf die Texte von Droste – in denen es um nichts weniger ging, als um Wein, Weib & Gesang – natürlich immer auch um Politik, bis zum Schluss.«
mdr kultur
»Zu Lebzeiten wurde Wiglaf Droste immer wieder mit Kurt Tucholsky verglichen. Seine größte Zeit waren die 90er Jahre. Er schrieb an gegen alles, was platt ist, moralistisch, gegen jede selbstgerechte Zufriedenheit. Gegen DDR-Nostalgie, Kirche und Bundeswehr, gegen Nazis, selbstgerechte Linke und Feministinnen.«
SWR
»Das Buch ist mehr als eine Biografie; es ist eine Hommage an einen Mann, der es wagte, anders zu sein und dessen Werk nach wie vor relevant ist. Für alle, die sich für deutsche Literatur, Kulturgeschichte oder einfach für das Leben einer faszinierenden Persönlichkeit interessieren, ist dieses Buch eine unverzichtbare Lektüre. Es regt zum Nachdenken an, provoziert und unterhält, ganz im Sinne von Wiglaf Droste.«
mediennerd.de
»Ein penibel recherchiertes Buch über das Leben eines intelligenten, launischen, widerständigen, wortgewaltigen, notorisch linksideologisch orientierten Mannes mit messerscharfem Verstand, aber auch eines von unendlicher Eitelkeit Getriebenen, eines rücksichtslosen, unzuverlässigen, unbehausten, beratungsresistenten ja, sagen wir es offen, egozentrischen Misanthropen. Nebenbei ist es eine interessante Geschichte der linken Berliner Presse und der (west)deutschen Satirezeitschriften und ihrer Macher.«
Frank Becker, Musenblätter
»Wiglaf machte einfach nie, was man wollte.«
Hans Zippert
»Wiglaf Droste vereinigt die anmutige Geschmeidigkeit eines Panthers mit der Gazellenhaftigkeit eines wilden Mustangs.«
Sibylle Berg
Über den Autor
Christof Meueler, geboren 1968, lebt in Berlin und war 21 Jahre Wiglaf Drostes Redakteur. Seit 2019 leitet er das Feuilleton von neues deutschland. Er schrieb Biografien über und mit Bommi Baumann, Alfred Hilsberg und das Münchner Trikont-Label.
Christof Müller
Die Welt in Schach halten. Das Leben des Wiglaf Droste. Eine Biografie
Edition Tiamat, Berlin 2024
Hardcover, 13 x 22 cm
304 Seiten, mit zahlreichen Fotos
ISBN 978-3-89320-315-4